Reisebericht 28.7. bis 4.8.2018

Wittgensteiner Reisegruppe besucht Niederschlesien

13 schlesische Teilnehmer einer 51-köpfigen Reisegruppe zeigten ihren wittgensteiner Freunden, Nachbarn und Verwandten ihre Heimat in Niederschlesien, die sie 1946 verlassen mussten. Nicht nur die schöne Landschaft und die kulturellen Sehenswürdigkeiten, sondern auch die freundschaftlichen Beziehungen zum Wilkanower Rentnerverein beeindruckten die Reisegruppe.

Eine 51-köpfige Reisegruppe bereiste kürzlich Niederschlesien mit der Grafschaft Glatz. Neben dem Besuch vieler kultureller Sehenswürdigkeiten stand die Vertiefung der Freundschaft zur Wilkanower Dorfgemeinschaft im Vordergrund der Reise.

Erndtebrück / Polanica Zdroj. Der erste Tag stand ganz im Zeichen der Freundschaft mit den heutigen Bewohnern von Wölfelsdorf, dem Geburtsort einiger Reisegäste. Nach einem Spaziergang durch die ehemalige Kreisstadt Habelschwerdt und einem gemeinsamen Gottesdienst wurde auf dem Dorfplatz unterhalb der Kirche eine Freundschaftslinde gepflanzt.

Auf dem Dorfplatz von Wilkanow (früher Wölfelsdorf) wurde eine Freundschaftslinde gepflanzt. Nach dem Sonntagsgottesdienst fand unter großer Anteilnahme die Einweihung durch den Wilkanower Pfarrer statt.

 

Eine Gedenktafel mit dem zweisprachigen Text

„Möge unsere Zukunft wie ein Baum gedeihen, der nach und nach seine Zweige entfaltet und uns einen schützenden Schatten wirft. Dorfgemeinschaft Wilkanow und Wölfelsdorf, im Juli 2018″

soll an die deutsche Vergangenheit erinnern und die gemeinsame Zukunft fördern.

Christel, Martin und Gertrud (v. links) kommen gerne an ihren Geburtsort Wölfelsdorf zurück und freuen sich jedes mal über den herzlichen Empfang.

Das anschließende Mittagessen im Gemeindesaal und die musikalischen Darbietungen der Sängerinnen und Sänger des Glatzer Freundschaftskreises waren Höhepunkte des Mittags. Die umgedichteten Kölner Karnevalsschlager regten die Gäste aus Wittgenstein zum lautstarken Mitsingen an und brachten viel Freude. Der anschließende Besuch der Wallfahrtskirche Maria Schnee und die abendlichen Wasserspiele im Kurpark von Bad Altheide rundeten den ersten Tag harmonisch ab.


Mittelwalde im Süden der Grafschaft Glatz, der alte Wallfahrtsort Grulich mit dem Muttergottesberg sowie das Adlergebirge auf der tschechischen Seite des Erlitzer Tales waren die folgenden Reiseziele. Besonders die Kirche in Bärnwald (Neratov) beeindruckte die Reiseteilnehmer, denn sie wurde nahezu in ihrem zerstörten Zustand belassen und strahlt durch ihren lichtdurchfluteten Innenraum und ihre Schlichtheit eine besondere Atmosphäre aus.

Ein Höhepunkt war auch der Besuch der Adelsbacher Felsenstadt, ein Ausläufer des Heuscheuergebirges. Die riesigen Sandsteingebilde spendeten nicht nur Schatten und etwas Kühle, sondern regten auch die Phantasie an, denn in den Steinformationen kann man verschiedene Figuren wie etwa den Zuckerhut oder Orgelpfeifen sehen. Zudem erfuhr man von Reiseleiterin Iwona interessante und amüsante Geschichten vom allgegenwärtigen Rübezahl. Die Rückfahrt durch das Braunauer Ländchen führte die Reisegruppe zum „Schlesischen Jerusalem“. So nannten die Grafschafter die Wallfahrtskirche in Albendorf, zu der früher zehntausende Wallfahrer pilgerten.

Auch der vierte Tag der Reise war geschichtsträchtig. Zunächst wurde Schloss Fürstenstein bei Freiburg besucht. Das drittgrößte Schloss Polens erlangte große Aufmerksamkeit, als nach der Wende bekannt wurde, dass es zum Führerhauptquartier ausgebaut werden sollte. Im Rahmen des streng geheimen Projektes RIESE war es Bestandteil der Stollenanlagen, die der NS-Staat im Eulengebirge errichten lies. Von sieben entdeckten Stollenanlagen konnte die Reisegruppe die Anlage in Dorfbach besichtigen. In einer der (bis heute unentdeckten) Anlagen soll sich -Historikern zu folge- ein Zug mit geraubten Kunstgegenständen befinden.

Noch heute findet man Zementsäcke in den weiträumigen Stollenanlagen im Eulengebirge. In den Anlagen sollten vermutlich geheime Rüstungsprojekte voran getrieben werden.

In die Zeit der Schlesischen Kriege geht die Festung Silberberg zurück, die Teil des preußischen Festungsgürtels im Eulengebirge war und am fünften Tag besucht wurde. Die Tatsache, dass dort 2700 Soldaten und bis zu 4000 Handwerker lebten, lässt auf die Bedeutung und Größe dieser beeindruckenden Festungsanlage schließen. Nicht weniger bedeutend für die Besiedlung Schlesiens war die Zisterzienserabtei in Heinrichau, die als letztes Reiseziel auf dem Programm stand. Neben einigen Räumen der alten Abtei, die heute wieder der Kirche gehören, konnte auch die Klosterkirche besucht werden. Die reiche Ausschmückung der Kirche, insbesondere das geschnitzte Chorgestühl, dass früher nur den Mönchen vorbehalten war, versetzte manch einen der Reiseteilnehmer in ehrfürchtiges Staunen.

Das Chorgestühl der ehemaligen Zisterzienserabtei in Heinrichau, das früher nur von den Mönchen betreten werden durfte, beeindruckte die Reisenden aus Wittgenstein.

Der abschließende Grillabend im Pensjonat Panorama in Bad Altheide wird allen Reiseteilnehmern sicher in guter Erinnerung bleiben. Nachdem das Tanzbein kräftig geschwungen und alle Reiseerfahrungen ausgetauscht wurden, fand die traditionelle „Taufe“ statt. Hierbei werden alle Reisenden, die zum ersten Mal dabei waren, in den großen „Kreis der Schlesier“ aufgenommen. 22 Teilnehmer konnten diesmal getauft werden. Die Schlesier wird es sehr gefreut haben, denn so wird ihre Vergangenheit und ihre schöne Heimat nicht vergessen werden.

Am letzten Tag der Reise verabschieden sich die gebürtigen Wölfelsdorfer von den Mitgliedern des Wilkanower Rentnervereins und von Heinz-Peter Keuten (links). Im Hintergrund grüßt die Wallfahrtskirche Maria Schnee.