Nach dem Krieg normalisierte sich das Leben. Alle packten gemeinsam an, um das Land und Erndtebrück wieder aufzubauen. Unsere Eltern bauten Häuser und wir wurden ein Teil von Erndtebrück. Mit Besorgnis nahmen unsere Eltern die politische Entwicklung wahr, denn mit der DDR entstand plötzlich ein zweites Deutschland und der Ost-West Konflikt nahm an Schärfe zu. Als 1961 die Mauer bebaut wurde, hat wohl niemand mehr an eine Rückkehr nach Wölfelsdorf gedacht.
Doch der Wunsch, die alte Heimat wieder zu sehen war stärker als die Angst. Und so machten sich Mitte der 1970-er Jahre die ersten Vertriebenen, unter ihnen auch Wölfelsdorfer, auf den wiederum beschwerlichen Weg nach Wölfelsdorf. Stundenlange Grenzkontrollen sowie der Transitverkehr durch die DDR machten die Reise zu einer Tortour.
„Unser Geburtsort heißt jetzt Wilkanow und ich war teilweise erschreckt, was ich sehen musste. Nur jedes zweite, vielleicht sogar nur jedes dritte Haus war noch bewohnt.
Einige Häuser waren bereits total zerstört oder abgerissen. Es wurde gesagt, die Polen haben alles Brauchbare herausgerissen. Von meinem Elternhaus war nur ein Steinhaufen geblieben. Beim Gang durch Wölfelsdorf spürten wir eine recht starke (und im nach hinein verständliche) Zurückhaltung der neuen Bewohner uns gegenüber. Die hatten Angst und dachten, wir kommen zurück.“ erinnert sich ein Reiseteilnehmer.
Man muss wissen, dass es sich bei den neuen Einwohnern ebenfalls um Vertriebene aus den ehemaligen polnischen Ostgebieten und Galizien handelt und die Grafschaft Glatz lediglich unter polnische Verwaltung gestellt wurde. „Allerdings kamen deutlich weniger Menschen in unser Land, die zudem wenig Erfahrung in der Landwirtschaft hatten. Wie sollten die das schaffen? Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass der Verfall von Jahr zu Jahr zunahm. Dennoch bin ich regelmäßig mit meinem Vater hinüber gefahren. Er war bei der Vertreibung Anfang Vierzig und hat mir vieles gezeigt. Für spätere Busreisen schaute ich mir besonders die Brücken und Straßen an. Unser Haus steht noch und mit der Zeit lernten wir die jetzigen Bewohner kennen.
Da musste in den folgenden Jahren mancher Wodka dran glauben.“ berichtet ein Zeitzeuge augenzwinkernd. Man sagt: „Die Zeit heilt alle Wunden.“ Dies trifft auch auf das Verhältnis zwischen Wölfelsdorf und Wilkanow zu, denn bis heute kommt es zu Begegnungen in dem kleinen Straßendorf an der Wölfel. Allerdings sind es heute freundschaftliche Begegnungen.