Mit der europäischen Einigung und der Osterweiterung wurden die Reisebeschränkungen nach und nach weiter abgebaut. Heute kann man ohne langwierige Grenzkontrollen relativ bequem in das 800 km entfernte ehemalige Wölfelsdorf reisen. Folgt man der Autobahn A4 bis nach Breslau und fährt dann auf der E67 in Richtung Prag kommt man durch die jetzige Kreisstadt Glatz, die der ehemaligen Grafschaft ihren Namen gab. Von dort sind es noch ca. 25 km bis nach Wölfelsdorf.
Kurz vor Wölfelsdorf erwacht die ehemalige Kreisstadt Habelschwerdt in neuem Glanz. „Viele Städte profitieren mittlerweile vom EU-Beitritt, so dass die historischen Gebäude und Städte restauriert werden können. Außerdem wird jetzt etwas für den Fremdenverkehr getan“, freut sich ein vertriebener Wölfelsdorfer.
Mit etwas Glück kann man in Wölfelsdorf Heinz-Peter Keuten begegnen.
Seine Vorfahren befanden sich vor 70 Jahren ebenfalls in einem der Vertriebenenzüge. Heinz-Peter wuchs im Westen auf und wurde durch die Erzählungen seiner Eltern und Großeltern neugierig auf das kleine Dorf an der Wölfel. Heute lebt Heinz-Peter in Wölfelsdorf und ist am Habelschwerdter Gymnasium als Lehrer tätig. Er lernte Polnisch, ist jetzt als Deutscher im polnischen Schuldienst tätig und hilft gerne als Dolmetscher aus, wenn sich deutsche und polnische Vertriebene begegnen und verständigen wollen.
So besteht seit einigen Jahren ein guter Kontakt zu einem Rentnerverein aus Wilkanow. „Wenn wir Wölfelsdorf besuchen, feiern wir sonntags gemeinsam Gottesdienst in der St. Georg Kirche. In den letzten Jahren hat uns der Rentnerverein anschließend zum Essen eingeladen. Dabei wurden Tänze und Lieder aufgeführt und man kam miteinander ins Gespräch.
Es ist schön, in der alten Heimat Wölfelsdorf wieder willkommen zu sein!“, berichtet ein Vertriebener.
Hiermit endet die kleine Reihe über die Vertreibung. Da die meisten noch lebenden Zeitzeugen damals im Kindesalter waren, sind viele Berichte von mittlerweile verstorbenen Eltern und Großeltern überliefert worden. Kleine Änderungen sind daher möglich. Dennoch haben sich die Ereignisse um Vertreibung und Flucht vor 70 Jahren in ähnlicher Weise leider tausendfach wiederholt: Man muss lediglich die Namen und Orte (und leider auch die Jahreszahlen) ersetzen! Es bleibt zu hoffen, dass alle Geschichten am Ende so positiv enden, wie die Geschichte von Wölfelsdorf und Wilkanow.