28.8.1946

Aus den Erinnerungen und Tagebüchern unserer Vertreibung

Am 28.8.1946 mussten wir unsere Häuser in Wölfelsdorf verlassen. Wir haben nicht viel von den Kriegshandlungen mitbekommen. Eigentlich nur so viel, dass jetzt andere Leute das Sagen hatten, hauptsächlich Polen und Russen. Und, dass wir ohne unsere Väter und Großväter aufgewachsen sind, denn die waren zunächst im Krieg und dann in Gefangenschaft.

Am Mittwoch, den 28.8. mussten wir unsere Häuser verlassen. Wir vom Unterdorf mussten uns im Gasthaus „Kronprinz“ einfinden und sollten nur das Nötigste an Kleidung und Nahrung mitnehmen. Das Lieblingsspielzeug durfte natürlich nicht fehlen. Der Kronprinz war neben dem Kaufhaus Exner, wo wir manchmal etwas Süßes bekamen. Im Kronprinz trafen wir die Nachbarskinder, aber an Spielen war nicht zu denken. Wir waren alle etwa 6 Jahre alt und hatten keinerlei Vorstellung, was auf uns zukommen würde. Abends wurde unser Gepäck im Gasthaus verteilt und als Schlafplatz benutzt. Ich weiß, dass in der Nacht einige nach Hause geschlichen sind, um Wertgegenstände zu verstecken oder die Haustiere zu füttern. Das liebe Kätzchen oder der brave Wachhund waren ja noch zu Hause und warteten sicher auf ihr Fressen. Außerdem dachten viele an ihre Ernte, die jetzt eingefahren werden musste. Es war eine sehr unruhige Nacht voller Ungewissheit. Wir konnten es an den sorgenvollen Gesichtern unserer Mütter und Großmütter sehen.